Evaluation des Lübecker Modell Bewegungswelten (LMB)

Um die Qualität des Lübecker Modell Bewegungswelten (LMB) sicherzustellen und eine effektive Umsetzung, die den Zielgruppen gerecht wird, zu ermöglichen, wurde das LMB wissenschaftlich begleitet und ausgewertet. Die Ergebnisse wiesen das LMB als effektiv aus und wurden genutzt, um es anzupassen und weiterzuentwickeln.

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Evaluation der Implementierung des LMB (2015-2018)

Das Institut für Pflegewissenschaft der Universität Bielefeld (Leitung: Prof. Dr. Doris Schaeffer) hat über einen Zeitraum von 2,5 Jahren untersucht, wie die Implementierung des Programms in zehn Lübecker Pflegeeinrichtungen auf Organisationsebene, auf der Ebene der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie auf Ebene der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlief. Dabei wurden mit Blick auf die beteiligten Einrichtungen prozessrelevante Kriterien erhoben sowie fördernde und hemmende Einflussfaktoren bei der Implementierung und Verstetigung des Programms identifiziert und analysiert.

Vorgehensweise

Für die Evaluation wurden sowohl quantitative als auch qualitative Untersuchungsmethoden genutzt:

  • Zwischen 2016 und 2018 wurden insgesamt 52 Interviews mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der beteiligten Einrichtungen (Leitung, Qualitätsmanagement, Pflege) und den Übungsleiterinnen und Übungsleitern durchgeführt. Die Interviews erfolgten zu unterschiedlichen Zeitpunkten: jeweils 3–6 Monate nach Start der Kurse, mindestens ein weiteres Mal 9–12 Monate später und, sofern möglich, ein weiteres Mal weitere 9–12 Monate später. Die Ergebnisse wurden mit Blick auf die Einführung und Umsetzung des LMB analysiert.
  • Es fanden teilnehmende Beobachtungen sowohl an den LMB-Kursstunden als auch an Besprechungen statt. Zusätzlich wurden Projektdokumente analysiert. Die gewonnenen Erkenntnisse dienten als Hintergrundinformationen.
  • Von den teilnehmenden Bewohnerinnen und Bewohnern wurden in anonymisierter Form Angaben zur Gesundheit und Selbstversorgung erfasst. Ziel war die Analyse der erreichten Nutzergruppe, keine Untersuchung der Effekte.
  • In allen beteiligten Einrichtungen erfolgten schriftliche Erhebungen zu den strukturellen Rahmenbedingungen und der Organisationskultur.

Ausgewählte Ergebnisse

Die Evaluation kommt zu dem Fazit, dass mit dem LMB ein innovatives Programm zur Bewegungsförderung älterer und pflegebedürftiger Menschen entwickelt wurde, welches Menschen im Alter zwischen 65 und 100 Jahren erreicht. Die Befragung zeigte, dass es anfänglich Skepsis bei den beteiligten Personen (Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Einrichtungen, Übungsleiterinnen und Übungsleiter) gab, das Programm jedoch im Verlauf sehr gut angenommen wurde. Durch die vielseitigen, alltagsbezogenen Mottos wurde das LMB auch bei langfristiger Teilnahme nicht langweilig und die Übungen werden als anspruchsvoll, aber gut zu bewältigen beschrieben.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Einrichtungen nahmen eine Verbesserung des gesundheitlichen Zustands der am LMB teilnehmenden Bewohnerinnen und Bewohner im pflegerischen Alltag wahr. Sie beobachteten z. B. eine verbesserte Mobilität bei Alltagsbewegungen und Transfers (z. B. beim Umsetzen). Auch die Übungsleiterinnen und Übungsleiter registrierten positive Effekte auf körperliche und geistige Fähigkeiten, die mit einer Steigerung der Autonomie im Alltagsleben und einem gestärkten Gruppengefühl einhergehen.

Mit dem Abschluss der Evaluation wurden verschiedene Empfehlungen ausgesprochen, unter anderem zur Adaptation des Programmes für stärker körperlich sowie kognitiv eingeschränkte Personen und zur verstärkten Beachtung der Organisationsstruktur und -kultur in den Einrichtungen. Die Schlussfolgerungen wurden bei der Weiterentwicklung des LMB berücksichtigt.

Weiterführende Informationen

Horn, A.; Kleina, T. & Schaeffer, D. (2019). Erfolgsfaktoren und Hemmnisse bei der Implementation des Lübecker Modell Bewegungswelten in stationären Pflegeeinrichtungen – Ergebnisse der wissenschaftlichen Evaluation, Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz
https://doi.org/10.1007/s00103-019-02894-1​​​​​​​

Evaluation der Effekte des LMB (2015-2018)

Die Abteilung Supportivangebote Sport- und Bewegungstherapie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Kiel (Leitung: Dr.  Thorsten Schmidt), das Institut für Sportwissenschaft der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (Leitung: Prof. Dr. med. Burkhard Weisser) und die Forschungsgruppe Geriatrie Lübeck (Wissenschaftliche Leitung: Dr. med. Sonja Krupp) waren für die Erhebung und Analyse der Effekte auf der Ebene der Teilnehmerinnen und Teilnehmer verantwortlich. Die Effektevaluation untersuchte, ob die Selbstständigkeit und motorische Fähigkeiten (Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit, Koordination) erhalten oder gesteigert werden konnten. Auch wurde der Einfluss des Präventionsprogramms auf kognitive Fähigkeiten, soziale Kontakte sowie verschiedene Aspekte der Lebensqualität überprüft.

Vorgehensweise

Für die Evaluation wurden 171 Teilnehmerinnen und Teilnehmer am LMB (Interventionsgruppe) in Lübecker Pflegeeinrichtungen mit 84 Bewohnerinnen und Bewohnern aus Kieler Pflegeeinrichtungen verglichen, die an den dort angebotenen Aktivitäten wie üblich teilnahmen (Kontrollgruppe). Die Personen wurden ein Jahr lang alle 3 Monate einem umfangreichen Assessment mit verschiedenen Tests unterzogen.

Ausgewählte Ergebnisse

Die stärksten präventiven Effekte entfaltete das LMB in Bezug auf die Selbstständigkeit (Barthel-Index) sowie Mobilität (Timed Up and Go), Gleichgewichtsfähigkeit (Romberg-Stand) und Kraft (5-Chair-Rise-Test). Während die Interventionsgruppe ihre Leistung nach einem Jahr in diesen Tests erhalten oder steigern konnte, sanken die Werte in der Kontrollgruppe im gleichen Zeitraum. Auch im Hinblick auf weitere Parameter wie Beweglichkeit, Ausdauer und Kognition konnten mit unterschiedlicher Stärke und variierendem Verlauf präventive Effekte des LMB herausgestellt werden. Hervorzuheben ist zudem die hohe Motivation zur Langzeitteilnahme am Training.

Weiterführende Informationen

Krupp, S., Kasper, J., Hermes, A., Balck, F., Ralf, C., Schmidt, T. & Willkomm, M. (2019). Das „Lübecker Modell Bewegungswelten“ – Ergebnisse der Effektevaluation, Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz
https://link.springer.com/article/10.1007/s00103-019-02881-6

Evaluation der prozessbegleitenden Integration des LMB (2019-2021)

In Berliner Pflegeeinrichtungen wurde die Implementierung des Lebensweltansatzes zur Bewegungsförderung von und mit älteren Menschen in der Lebenswelt Pflege anhand des LMB vom Qualitätsverbund Netzwerk im Alter e.V. (QVNIA e.V.) durchgeführt und im Rahmen einer internen Qualitätssicherung begleitet.

Vorgehensweise

Über den gesamten Projektzeitraum erfolgte in den beteiligten Pflegeeinrichtungen durch den QVNIA e. V. eine Erhebung und Auswertung der Teilnahmen am LMB, Gruppengrößen und Gruppenanzahl. Zusätzlich wurden jeweils zum Start einer LMB-Gruppe und 4 Monate später mittels Fragebogen

  • die Übungsleiterinnen und Übungsleiter zur Programmqualität des LMB an sich und zum Leistungsstand der Teilnehmerinnen und Teilnehmer befragt.
  • die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den LMB-Kursen zu ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit und Selbstständigkeit, ihrer Motivation und ihrem Bewegungsverhalten befragt.

Parallel wurden die Bezugspflegekräfte um eine Einschätzung des Leistungsstandes und der Motivation der LMB-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer gebeten.

Zur Partizipation von Pflegebedürftigen, Angehörigen und Einrichtungsbeiräten wurden sogenannte Ideen-Cafés durchgeführt und ausgewertet. Während der einstündigen Workshops wurden verschiedene Themen diskutiert, z. B. das eigene Bewegungsverhalten und die Einschätzung des Bewegungsangebotes der Einrichtung. Zudem wurden beliebte bzw. unbeliebte/gemiedene Orte innerhalb und außerhalb der Pflegeeinrichtung ermittelt und Verbesserungsmöglichkeiten gesammelt.

Ausgewählte Ergebnisse

Übungsleiterinnen und Übungsleiter
An der Befragung der Übungsleiterinnen und Übungsleiter nahmen bei der Erstbefragung 31 Einrichtungen und bei der Verlaufsbefragung 27 Einrichtungen teil. Die Übungsleiterinnen und Übungsleiter bewerteten die Betreuung, Qualität und Vermittlung von Fachwissen in den Schulungen zum LMB durchweg positiv. Die Vermittlung notwendiger praktischer Fähigkeiten in den Schulungskursen wurde in der Verlaufsbefragung etwas schlechter eingeschätzt, befand sich aber in beiden Befragungen auf positivem Niveau bei fast 100 % 'völliger' und 'eher' Zustimmung.

Teilnehmerinnen und Teilnehmer
Die Zahl der befragten Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den LMB-Kursen betrug in der Eingangsbefragung 158 Personen und in der Verlaufsbefragung 66 Personen. Mehrheitlich konnte der Mobilitätsstatus der Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhalten bleiben. Eine starke Verbesserung zeigte sich vor allem beim Treppensteigen (18,2 %) und bei der Fortbewegung im freien Gelände (10,5 %). Auch die Alltagskompetenzen konnten überwiegend erhalten bleiben. Eine starke Verbesserung zeigte sich beim Waschen des Rückens (22,7 %), beim Waschen des Unterkörpers (12,1 %), beim Anziehen der Schuhe (21,2 %) und beim Schließen und Öffnen von Reißverschlüssen (9 %). Ebenso erhöhte sich die durchschnittliche Dauer der Bewegung im Vergleich: So bewegten sich die Befragten zum Start des LMB-Kurses durchschnittlich 195,7 Minuten bei mittlerer Intensität und nach 4-monatiger Teilnahme durchschnittlich 247,1 Minuten pro Woche. Im Bereich 'Kognition' konnte die Mehrheit der Befragten ihre Fähigkeiten erhalten. Eine Verschlechterung ergab sich bei ca. 15 %, ca. 20 % konnten sich sogar verbessern. Laut den befragten Teilnehmerinnen und Teilnehmern konnten sich 42,5 % Prozent von ihnen Bereich 'Aufstehen innerhalb von 5 Minuten'  verbessern und somit einen hohen Zuwachs an Mobilität erfahren.

Ideen-Cafés
Die Ideen-Cafés wurden in 55 Pflegeeinrichtungen in Berlin durchgeführt. In einer Einrichtung wurde aufgrund der hohen Anzahl an Pflegebedürftigen ein zweites Ideen-Café umgesetzt. Vorwiegend nahmen Bewohnende/Gäste/Mieterinnen und Mieter der Einrichtungen (n=580, 85 Prozent) an den Ideen-Cafés teil. 91 % der Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben die organisatorische Gestaltung der Ideen-Cafés als sehr zufriedenstellend oder als zufriedenstellend beurteilt. Knapp 90 % waren mit den gegebenen Informationen, den gestellten Fragen und den Möglichkeiten Ideen einzubringen sehr zufrieden bis zufrieden.

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