Im Alter IN FORM – Potenziale in Kommunen aktivieren

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e.V. (BAGSO) vertritt als Lobby älterer Menschen deren Interessen gegenüber Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Im Rahmen des Projektes "Im Alter IN FORM – Potenziale in Kommunen aktivieren" unterstützt sie IN FORM Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung. Sie bietet Schulungen für Akteurinnen und Akteure an, um für die Bedeutung der Gesundheitsförderung älterer Menschen zu sensibilisieren und ihnen praktische Anregungen zu geben, so dass gesundheitsförderliche Aspekte in die sozial-, kulturell- oder bildungsorientierten Angebote stärker einfließen können.

Die Interviewfragen stellten wir Frau Anne v. Laufenberg-Beermann (Projektmitarbeiterin).

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1. Können Sie uns eingangs erzählen, was sich hinter dem Schulungsangebot im Rahmen des BAGSO-Projektes "Im Alter IN FORM – Potenziale in Kommunen aktivieren" verbirgt?

Im Rahmen von IN FORM qualifiziert die BAGSO seit ca. 2008 Akteurinnen und Akteure der offenen Seniorenarbeit in den Schwerpunktbereichen Ernährung, Bewegung, soziale Teilhabe sowie Mund- und Zahngesundheit. Die Multiplikatorinnen und Multiplikatoren sind Ehrenamtliche aus bspw. Begleit- oder Besuchsdiensten, Leitende von Seniorengruppen oder Hauptamtliche in der Seniorenarbeit bzw. aus der ambulanten und stationären Pflege.

Unsere Zielsetzung ist, bewusst zu machen,

  • wie bedeutsam gesunde Lebensstile sind,
  • welche Bedeutung die genannten Schwerpunktbereiche haben und vor allem,
  • wie man praxisgerecht mit älteren Menschen diese Themen erarbeiten und in die Seniorenarbeit integrieren kann.

Wir haben nicht den Anspruch, dass nach ein bis zwei Tagen Multiplikatorenschulung die Teilnehmenden selbst Schulungen zu den Themen Bewegung, Ernährung, soziale Teilhabe sowie Mund- und Zahngesundheit anbieten können. Das wäre völlig überfordernd. Sie sollen ihre Arbeit gemeinsam mit den älteren Menschen gesundheitsfördernder gestalten. Bei der Schulung von Hauptamtlichen ist das etwas anderes. Das ist qualifiziertes Fachpersonal, wie Altenpflegerinnen und Altenpfleger oder Hauswirtschaftsleitungen. Sofern ihr Arbeitsumfeld es zulässt, sollen sie im Sinne der Verbesserung der Gesundheitskompetenzen ihr Wissen weitergeben.

Seit September 2016 haben wir darüber hinaus ein achttägiges Bildungsangebot für Verantwortliche der Seniorenarbeit, die die Inhalte in ihre Verantwortungsbereiche integrieren und ihr Wissen entsprechend weitergeben sollen. Das ist dann jedoch nicht mehr so niedrigschwellig wie die eingangs beschriebenen Schulungen.

2. Was macht dieses Angebot in Ihren Augen so wichtig?

Die Schulungen sind in erster Linie wertvoll, um das Bewusstsein der Bedeutung von Gesundheitsförderung in die Bevölkerung zu bringen. Wir merken, dass ein riesiger Bedarf herrscht. Das Thema Gesundheit ist sehr präsent. Aber es ist erschreckend, wie viele falsche Informationen es gibt. Die Schulungen helfen dabei, Mulitplikatorinnen und Multiplikatoren inhaltlich Sicherheit in gesundheitsrelevanten Themen zu geben. Im Nachhinein können sie das Gelernte mithilfe der bereitgestellten Materialien nochmals nachlesen.

Nach zwei bis drei Jahren Schulungen wurde deutlich: vielen Multiplikatorinnen und Multiplikatoren auf kommunaler Ebene fehlt es an Ideen, wie sich Prävention und Gesundheitsförderung in die tägliche Arbeit integrieren oder Zugänge zu älteren Menschen gestalten lassen. Im Rahmen unserer Schulungen entwickeln wir gemeinsam viele Ideen. Die Multiplikatorinnen und Multiplikatoren lernen, biographiebezogene Fragen zu stellen, um mögliche Zugangswege auszuloten. Denn ältere Menschen, die sich noch nie aktiv bewegt haben, über ein klassisches Bewegungsangebot erreichen zu wollen, ist oftmals illusorisch. Ein möglicher Weg kann jedoch sein, im Rahmen z. B. eines Treffens z. B. in Kirchkreisen oder Seniorennachmittagen das Thema Bewegung zu integrieren und so Zugänge zu schaffen.

Viele Schulungs-Teilnehmende verstehen sich gar nicht in der Rolle der Multiplikatorin oder des Multiplikators. Dass sie Möglichkeiten haben, etwas zu beeinflussen, ist vielen nicht bewusst. Es ist wichtig, sie dafür zu sensibilisieren, dass sie auch Informationsbringer sind – etwa im Rahmen ihres Senioren-Cafés oder Begleitservices – und als Botschafterin oder Botschafter für gesunde Lebensstile fungieren können.

3. Wie müssen sich Interessierte die Organisation und Umsetzung der Multiplikatorenschulungen vorstellen?

Ein- bis zweimal im Jahr machen wir per E-Mail auf die aktuellen Entwicklungen des Projekts aufmerksam. Zudem wird das Schulungsangebot ausführlich auf unserer Website vorgestellt. Es gibt ein- oder zweitägige Schulungen. Die eintägigen Schulungen werden besonders gut angenommen.

Die Organisationen, die für ihre Multiplikatorinnen und Multiplikatoren eine Schulung angeboten bekommen möchten, melden einen Wunsch- und einen Alternativtermin bei uns an. Für eine Schulung müssen sich mindestens 20 Teilnehmende anmelden. Wir übernehmen die Koordinierung der Referentinnen und Referenten mit Hilfe unserer Kooperationspartnerinnen und -partner, der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, der Deutschen Gesellschaft für AlterszahnMedizin und des Deutschen Turner-Bundes, je nach Themenschwerpunkt.

Die Organisationen vor Ort bekommen eine Einladung mit dem Programm, das sie entsprechend ihrer Vorstellungen mit ihrem Logo oder zusätzlichen Informationen ergänzen und im Anschluss an die Multiplikatorinnen und Multiplikatoren vor Ort verschicken können. Hinsichtlich der räumlichen Ausstattung sollten Beamer und Moderationswände sowie ausreichend Platz vorhanden sein, da gemeinsam mit den Referierenden des Deutschen Turner-Bundes Bewegungsübungen durchgeführt werden. Ein Kostenzuschuss für Raummiete ist unsererseits möglich.

Zehn Tage vor der Veranstaltung erhalten wir eine Liste der Teilnehmenden, um entsprechende Teilnahmebescheinigungen vorzubereiten. Die Organisationen bekommen zudem ein Informationsblatt mit Lebensmitteln, die vorab zu beschaffen sind, da wir in den Schulungen Praxisbeispiele demonstrieren, wie Verkostungen oder Beispiele aus der IN FORM MitMachBox.

4. Können Sie uns einmal fördernde sowie hemmende Faktoren bei der Schulung von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren nennen?

Für alle, die in den Schulungen sind, ist die Mischung der Teilnehmenden eine Herausforderung. Es treffen unterschiedliche Vorbildungen und Muster von Engagement aufeinander. Zu den Teilnehmenden gehören bspw. Akademikerinnen und Akademiker, aber auch Frauen und Männern, die eine ganz „normale“ berufliche Karriere oder Familienkarriere hinter sich haben und sich ehrenamtlich engagieren. Teilweise sitzen in den Ernährungsmodulen selbst Ökotrophologinnen und Ökotrophologen. Sie besitzen ganz spezifisches Wissen zum Thema Ernährung im Alter. Des Weiteren gibt es Teilnehmende, die im sozialen Bereich sehr gut qualifiziert sind, aber das Thema Alter bisher noch nicht oder nicht im Zusammenhang mit Gesundheit oder dem Thema Kommune hatten. Der Spagat zwischen Alter – Gesundheit – Umsetzung in die Praxis ist herausfordernd und zugleich sehr spannend.

Inhaltlich ist es herausfordernd, Themen, von denen die Multiplikatorinnen und Multiplikatoren selbst betroffen sind, zu bearbeiten. Wenn sie zum Beispiel über das Thema Adipositas sprechen und in manchen Seniorenheimen sind fünf bis zehn Prozent der Mitarbeitenden adipös, dann ist das nicht so einfach.

Ca. 70 bis 80 Prozent unserer Multiplikatorinnen und Multiplikatoren sind selbst schon älter. Ältere Menschen haben oftmals mehr Verständnis für die vorhandenen Herausforderungen, weil sie sich selbst betroffen fühlen. Wenn man ihnen erläutert, warum z. B. jemand Angst hat rauszugehen, dann verstehen sie das eher, weil sie sich selbst schon in ähnlichen Situationen befunden haben. Ältere Menschen als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren sind sehr hilfreich. Aber auch junge Leute können einen guten Zugang zu Seniorinnen und Senioren haben.

5. Was geben Sie denen auf den Weg mit, die ähnliches planen?

Ganz klare Vereinbarungen, welche Zielgruppen zu den Multiplikatorenschulungen eingeladen werden sollen. Das ist ganz wichtig. Und auch ganz klar zu sagen, was an diesem Tag inhaltlich thematisiert wird. Wenn das nicht klar ist, dann kommen Diskrepanzen zwischen der Erwartungshaltung und dem, was an dem Tag leistbar ist. Das sind Erfahrungen, die wir in den letzten Jahren gemacht haben. Wenn man weiß, wer teilnimmt, können Programm und Methoden an die jeweiligen Ansprüche angepasst werden. So beugt man Überraschungen vor.

Auch wenn die Heterogenität der Multiplikatorinnen und Multiplikatoren herausfordernd ist, so sind die vielfältigen Erfahrungen und Begegnungen wunderbar.

Bei weiteren Fragen zum Angebot

Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO) e. V.
Thomas-Mann-Str. 2-4
53111 Bonn
Tel: 0228/24 99 93 22
Mail: 
Web: https://im-alter-inform.de/

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Gesundheitliche Chancengleichheit

Der Kooperationsverbund wurde 2003 von der BZgA initiiert. Sein zentrales Ziel ist die Stärkung und Verbreitung guter Praxis in Projekten und Maßnahmen der Gesundheitsförderung bei sozial Benachteiligten.

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